Die Haftung des (Faktischen) Geschäftsführers in der Insolvenz der GmBH.

Geschäftsführer einer GmbH haben bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden (§ 25 Abs. 1 GmbHG). Wer die Geschäftsführung einer GmbH übernimmt, kann sich daher nicht darauf berufen „es nicht besser gewusst zu haben“.

Verletzung der Insolvenzantragspflicht

Ist bei der GmbH Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten, ist der Geschäftsführer verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber binnen sechzig Tagen ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, den Insolvenzantrag zu stellen (§ 69 IO).

Somit muss jeder Geschäftsführer die Finanzlage der GmbH stets im Blick haben und darf sich nicht darauf verlassen, dass die Rechnungswesenabteilung, die Steuerberatungskanzlei oder ein mit den Finanzagenden betrauter Co-Geschäftsführer diese Aufgabe schon gewissenhaft wahrnehmen wird. Es ist somit Aufgabe jedes einzelnen Geschäftsführers – unabhängig einer internen Ressortverteilung zwischen mehreren Geschäftsführern – die Finanzlage der GmbH stets im Blick zu haben und erforderlichenfalls Insolvenzantrag zu stellen.

Die verspätete Insolvenzantragstellung führt regelmäßig dazu, dass die Gläubiger der GmbH eine schlechtere (allenfalls gar keine) Insolvenzquote erhalten, weil die Finanzlage der GmbH mit den Wochen, Monaten oder in Extremfällen sogar Jahren des Hinauszögerns des Insolvenzantrags immer schlechter geworden ist. Mitunter wären manche Gläubiger bei Kenntnis der Insolvenzsituation gar keine Geschäfte mit der GmbH mehr eingegangen. Der Schaden dieser sogenannten Neugläubiger geht sogar über den Quotenschaden hinaus. Die Rechtsprechung gesteht ihnen somit den Vertrauensschaden zu. Sie sind wirtschaftlich so zu stellen, als hätte es das Geschäft nie gegeben. Sie haben daher Anspruch auf ihre gesamte Forderung.

Wenn der Insolvenzverwalter eine solche „Insolvenzverschleppung“ feststellt, wird er mitunter sehr hohe und existenzbedrohende Schadenersatzansprüche gegen sämtliche
Geschäftsführer der GmbH geltend machen. Für diese Schadenersatzansprüche haften die Geschäftsführer mit ihrem gesamten Privatvermögen.

Haftung des faktischen Geschäftsführers

Unter einem „faktischen Geschäftsführer“ wird eine Person verstanden, die – ohne zum Geschäftsführer bestellt worden zu sein – das Unternehmen leitet oder (zumindest)
maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung nimmt. Regelmäßig wird „faktische Geschäftsführung“ dann bejaht, wenn die eigentlich bestellten Geschäftsführer als Strohmänner ihre Organfunktionen nicht ausüben und stattdessen ein anderer (meist ein Mehrheitsgesellschafter) die Gesellschaft tatsächlich leitet (OGH 17Ob2/24d).

Die oben dargestellte Haftung wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht trifft nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch den „faktischen Geschäftsführer“. Da in solchen Situationen der eigentlich bestellte Geschäftsführer nur Strohmann ist und tatsächlich keinen (hinreichenden) Überblick über die Finanzlage der GmbH hat, trifft den „faktischen Geschäftsführer“ eine sogenannte Hinwirkungspflicht. Er muss schlicht dafür sorgen, dass der bestellte Geschäftsführer den Insolvenzantrag stellt.

Die Haftung des tatsächlich bestellten Geschäftsführers bleibt aber aufrecht. Wie in der Einleitung angekündigt, kann er sich nicht darauf berufen, „es nicht besser gewusst zu haben“.

Haftung für nicht abgeführte Sozialversicherungsbeiträge und Abgabenverbindlichkeiten

Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haftet der Geschäftsführer für die Sozialversicherungsbeiträge der GmbH, wenn diese aufgrund schuldhafter Verletzung der den Geschäftsführer treffenden Pflichten bei der GmbH nicht einbringlich sind. Nach der Rechtsprechung gehört es zur Pflicht eines Geschäftsführers, dafür zu sorgen, dass die Sozialversicherungsbeiträge bei Fälligkeit aus den Mitteln der GmbH bezahlt werden können (bspw. BVwG 16.10.2024, W164 2276550-1).

In der Bundesabgabenordnung findet sich betreffend Abgabenverbindlichkeiten eine dem § 67 Abs. 10 ASVG korrespondierende Haftungsbestimmung (§§ 9, 80 BAO). Somit kann den Geschäftsführer auf eine persönliche Haftung für Steuerschulden der GmbH treffen.

 

 

Dieser Blogbeitrag bietet einen kompakten Überblick über wesentliche Haftungstatbestände insbesondere im Zusammenhang mit „Insolvenzverschleppung“. Neben den hier dargestellten Haftungstatbeständen können noch weitere zivil- und strafrechtliche Haftungsrisiken bestehen.

 

Dieser Blogbeitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.

 

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, kontaktieren Sie uns gerne unter office@drlachinger.at oder unter Tel. 02262 61938.

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