BESTIMMUNG ZUM AMTSMISSBRAUCH DURCH TÄUSCHUNG ÜBER DEN ZUSTAND EINES PKW?

Ein Beamter, der bei der Vollziehung seiner Hoheitsbefugnisse diese wissentlich missbraucht, begeht Amtsmissbrauch (§ 302 StGB). Kfz-Mechaniker, die zur „Pickerl-Überprüfung“ nach § 57a KFG befugt sind, sind nach ständiger Rechtsprechung Beamte im Sinne des § 302 StGB. Wenn ein „Pickerl-Gutachter“ somit trotz schwerer Mängel ein positives § 57a KFG Gutachten ausstellt und er das im Wissen über diese schweren Mängel tut, macht er sich wegen Amtsmissbrauchs strafbar.

Ein Nicht-Beamter kann sich am Amtsmissbrauch eines Beamten beteiligen und sich somit als Mittäter zum Amtsmissbrauch strafbar machen (§§ 12, 302 StGB). Wenn daher ein Nicht-Beamter den „Pickerl-Gutachter“ auffordert, ersucht oder ihn auch nur „freundlich bittet“, bei den vorhandenen Mängeln wegzuschauen, nicht so streng zu sein oder das Pickerl dennoch zu geben, weil die Mängel ohnehin bald repariert werden würden, macht sich wegen Bestimmung (umgangssprachlich: Anstiftung) zum Amtsmissbrauch strafbar. Allenfalls handelt es sich um eine versuchte Bestimmung zum Amtsmissbrauch, wenn sich der „Pickerl-Gutachter“ nicht dazu verleiten lässt, selbst Amtsmissbrauch zu begehen, indem er die Ausstellung des positiven § 57a KFG Gutachtens ablehnt.

Somit kann eine „freundliche Bitte“ schnell dazu führen, wegen (versuchter) Bestimmung zum Amtsmissbrauch angeklagt zu werden. Die Strafdrohung beträgt sechs Monaten bis zu fünf Jahre Haft.

Die Strafbarkeit als Bestimmungs- bzw. (Anstiftungstäter) setzt voraus, dass man durch vorsätzliches, unmittelbares oder mittelbares Einwirken auf den unmittelbaren Täter in diesem den Tatentschluss weckt. Man muss daher ursächlich dafür werden oder dies zumindest versuchen, dass der unmittelbare Täter seine Amtsgewalt missbraucht.

In einem Fall aus unserer Strafverteidigerpraxis war der Angeklagte (selbst Inhaber einer Kfz-Werkstatt) in Kenntnis darüber, dass sein PKW schwerwiegende Mängel aufweist, die die Ausstellung eines positiven § 57a KFG Gutachtens ausschließen. Trotz Kenntnis dieser schweren Mängel brachte er den PKW in eine andere Werkstatt und beauftragte den dortigen „Pickerl-Gutachter“ mit den Worten „schau dir das Auto wegen des Pickerls an“. Der „Pickerl-Gutachter“ stellte daraufhin trotz der schweren Mängel ein positives § 57a KFG Gutachten aus.

Die Staatsanwaltschaft hat nunmehr (neben dem „Pickerl-Gutachter“) auch den Auftraggeber wegen Bestimmung zum Amtsmissbrauch angeklagt, weil dieser in Kenntnis der schweren Mängel war, diese vorsätzlich verschwiegen habe, und so den „Pickerl-Gutachter“ zum Amtsmissbrauch bestimmt habe. Meines Erachtens ist dieser Sachverhalt nicht strafbar, weil es schlicht und einfach an einer Bestimmungs- bzw. (Anstiftungshandlung) fehlt. Das – wenn auch vorsätzliche – Verschweigen von schweren Mängeln oder Täuschen über die Mangelfreiheit des PKW ist meines Erachtens keine Bestimmungs- bzw. (Anstiftungshandlung). Diese Rechtsauffassung entspricht auch der Judikatur des Obersten Gerichtshofs, wonach „nicht nach
§ 302 Abs. 1 StGB als Bestimmungstäter strafbar [ist], wer auf gutgläubige Befugnisausübung durch einen (über die wahre Sachlage getäuschten) Beamten hinwirkt“
(OGH 13 Os 29/08a).

 

Dieser Blogbeitrag ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.

 

Wenn Sie mit einem strafrechtlichen Vorwurf konfrontiert sind, ist zu empfehlen, dass Sie umgehend einen Strafverteidiger konsultieren und niemals allein mit der Polizei sprechen.

 

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